Andere Zeugen schrieben ihre Beobachtungen auf

Neben Heinrich Klössinger, dem damaligen Bahnhofsvorsteher von Nammering und neben dem Pfarrer Johann Bergmann aus Aicha gibt es noch einige schriftliche Zeugenaussagen, die großenteils von den amerikanischen Stellen beurkundet wurden.

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Josef Rothauscher, Bahnvorstand von Eging - Häftlinge hatten bei ihm geholt

Schreckenstage in Nammering
Ein Bahnhof wird zur letzten Station 

In den Vormittagsstunden des zehnten Reisetages traf der Transport aus  Richtung Deggendorf in Eging ein. Schnell sprach sich die Ankunft der  vielen Hungernden im Dorf herum. Lautes Klagen war aus den Waggons zu  hören. Bewohner, die etwas Brot zum Bahnhof bringen wollten, wurden von  den bewaffneten SS-Wachen wieder zurückgeschickt. Der damalige  Bahnhofsvorstand von Eging, Josef Rothauscher, schrieb später auf:

"Etwa 100 Häftlinge kamen mit großen Bottichen zu mir, um Wasser zu  holen. Quälender Durst überall. Da habe ich die Ventile aller  Wasserkranen geöffnet; auch die für Lokomotiven, denn in Nammering gab es keine Wasseranlage. Als ich die Abfahrt  verzögerte, bedrohten mich Wachen ungarischer Herkunft. Ein  Fliegerangriff drohte. Während der Fahrt musste es zu einer Hungerrevolte  gekommen sein, bei der zwei Posten getötet wurden. Der SS-Kommandant  berichtete mir, dass die Niederschlagung des Aufstandes 400 bis 500 tote Häftlinge verursacht habe. Ich selbst sah drei Wachen, die noch Verbände am Kopf trugen." 


 

Auf der Strecke zwischen Eging und Nammering ist es zu weiteren  Gewalttaten gekommen; Schüsse waren zu hören. - Noch ahnte keiner der  Bewohner in den kleinen bäuerlichen Orten um den Nammeringer Bahnhof,  dass das ruhige Gelände mit seinen Verladegleisen für die nahen  Steinbrüche zum Schauplatz einer menschlichen Tragödie werden sollte.

 

Selbst schlimmste Gerüchte über Verbrechen der Nationalsozialisten  wurden von der Wahrnehmung Tausender halbverhungerter Häftlinge und der  Unmenschlichkeit ihrer Bewacher weit übertroffen.

 

Nur wenige Einheimische haben den Ablauf des Geschehens am Bahnhof selbst aus der Nähe gesehen. Zu neugierige Beobachter der Verbrechen waren als Tatzeugen unerwünscht und mussten mit Bestrafung rechnen. Einige noch immer überzeugte Hitleranhänger hatten gezielt verbreitet, dass es sich um einen Transport von Kriminellen handle, von denen für die Bevölkerung eine Gefahr ausgehe. In Wirklichkeit jedoch waren es in großer Mehrheit abgemagerte, aus ihren Heimatländern zwangsverschleppte Arbeitssklaven der SS, denen ein Tod durch Ausbeutung für die deutsche Kriegsproduktion zugedacht war.

 

Während des ganzen Transportes versuchten Häftlinge, meist nachts, ihr Leben durch die Flucht zu retten. Auch in der Zeit des Aufenthaltes auf dem Nammeringer Bahngelände wollten Gefangene auf diese Weise ihren SS- Schergen entkommen. Fast alle Unternehmungen, so die Freiheit zu erlangen, endeten für die KZ- Häftlinge tödlich. So fand man zwischen Nammering und Fürstenstein einen Geflohenen in einem Wäldchen erschossen auf. Auch zwei andere Häftlinge auf der Flucht kamen nicht weit. Sie wurden gefangen, in eine Garage gesperrt, und nach einer Verköstigung wieder zum Todestransport zurückgebracht. Dort wurde ihr Leben durch Genickschüsse schnell beendet. Auf einem allein stehenden Hof kam es nachts zu einer Auseinandersetzung mit dem Bauer, wobei der eingedrungene Häftling getötet wurde."

Hans Hübl

Ludwig Gartner, Gewerkschafter und Steinbruchpolier - durfte zu den Wagons gehen

Ludwig Gartner (97) erinnert sich noch gut.

"Wir haben gesehen, wie Häftlinge einen Waggon in Richtung auf das  Massengrab hinschoben. Andere KZ-Häftlinge mussten in dem Gelände bei der 'Totenwiese' Gräber ausschaufeln. Wer zu langsam arbeitete, wurde von den Peinigern mit der  Peitsche geschlagen."

Ludwig Gartner war Steinbruch-Polier und Gewerkschafter der ersten Stunde. Er war auch neben dem Alois Bauer einer der wenigen, die direkt an die Waggons mit ihrer verzweifelten menschlichen Fracht herangehen durften.

"Der Häftlingstransport war gerade weitergefahren, als meine Frau in unseren Schuppen ging, um Futter für die Ziegen zu holen. Plötzlich entdeckte sie, halb im Heu versteckt, einen jungen Mann, der sie mit furchtsamen Augen anblickte. Uns war gleich klar, dass es sich nur um einen vom KZ-Transport geflohenen Häftling handeln konnte. Wie sich dann herausstellte, war es ein russischer Ingenieur, der in einem Buchenwalder Rüstungsbetrieb Zwangsarbeit verrichten musste.

 

Er sprach auch etwas Deutsch. Obwohl wir das Risiko bei einer möglichen Entdeckung kannten, dachten wir nie daran den Flüchtling  seinen Häschern auszuliefern. So hielten wir den heimlichen Gast vier Tage in unserem  Schuppen verborgen und gaben ihm zu essen, damit er wieder zu Kräften kam. Als die amerikanischen Truppen bereits auf Hörweite heran waren, habe ich ihm einen versteckten Weg über das .Paradies' gewiesen, der ihn bald in Sicherheit bringen würde."

Als der Transport also weitergefahren war, ging Gartner in seine Werkstatt und schnitt sich ein Schild zurecht, auf das er mit schwarzer Farbe schrieb: Hier ruhen 800 Tote, die von den Nazis ermordet wurden. Als es dann dunkel war, schlich der Siebenundvierzigjährige mit Schild und Werkzeug auf bekannten Pfaden zur "Totenwiese". Er fällte eine Birke und fertigte daraus mit geschickten Handgriffen ein mächtiges Kreuz, auf dem er die mitgebrachte Tafel befestigte.

 

Der kräftige Mann spitzte das untere Ende des Holzes mit wenigen Beilhieben an und rammte den Stamm mit voller Wucht in den moorigen Grund. So kündete später den amerikanischen Soldaten und den Bewohnern der Gegend das aufgestellte Zeichen schon von weitem den Ort des Schreckens mit seinen vielen Toten an.

 

Tafel-Text

Als der Zug weg war, fertigte Ludwig Gartner aus Birken ein mächtiges Kreuz, auf dem er die mitgebrachte Tafel befestigte: “Zum ewigen Gedenken. Hier ruhen 800 Märtyrer, welche von den Nazihenkern im April 1945 ermordet wurden. Ruhet in Frieden”

 

Ehrliches Mitgefühl mit den geschundenen Kreaturen und die Auswirkungen jahrelanger verhetzender NS- Propaganda lagen bei den Menschen, die mit dem Häftlingstransport in Kontakt kamen, oft nahe beisammen. Durchaus großzügige Lebensmittelspenden, immerhin in Notzeiten, sind hierfür ein gutes Beispiel. Und doch wird der durch Unwägbarkeiten verursachte Aufenthalt des Konvois, wenn auch zu Unrecht, als gewisser Makel empfunden, für den man sich ein baldiges Vergessen wünscht. Verständlich wird das auch dadurch, dass viele Einheimische die grauenvollen Eindrücke, besonders den bitteren Gang durch die langen Reihen verwesender Opfer, ihr Leben lang nicht mehr losgeworden sind.

 

Zwei einheimische Augenzeugen, die in Ausübung ihres Berufes mit dem Massenmord in Berührung kamen, schreiben über ihre Eindrücke auf dem Nammeringer Bahngelände in der Zeit vom 19. bis 24. April 1945. In den Erinnerungen des Bahnbeamten Heinrich Klössinger und des Aichaer Pfarrers Johann Bergmann wird die moralische Entrüstung über die beobachteten Gräuel deutlich spürbar.

Hans Hübl

Alois Bauer, Steinbruchbesitzer und bei den Amerikanern der Bürgermeister von Nammering

Alois Bauer, Besitzer des angrenzenden Steinbruchs

Er war auch Bürgermeister von Nammering, konnte zum Zug gehen und auch hinsehen. Er schreibt handschriftlich Folgendes auf; bestätigt durch amerikanischen Captain und Dolmetscher.

 

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“Über den Eid, den ich heute am 21.5.1945 abgelegt habe, bin ich mir im Klaren, und schreibe die volle Wahrheit nieder.

 Am 19.4.1945 kamen auf dem Bahnhof Nammering 4 Züge mit Häftlingen. Als ich etwa um 9 Uhr an die Bahn kam, erlaubte mir ein Posten in einen Wagen zu sehen. Mit Schrecken sah ich, daß dort bis zu den Knochen abgemagerte Menschen waren. Auch hörte ich das Wimmern … in den Wagen. Als ich hernach in meinen Steinbruchbetrieb kam, waren dort soeben 2 Offiziere gewesen, welche auf eine Grube zeigten und sagten, daß sie Leichen zu vergraben hätten. Hierauf ging ich zu dem Transportführer des Zuges und wehrte mich gegen das Verbringen von Toten zu meinem Betrieb. Dieser Offizier wahrscheinlich ein Oberleutnant sagte, er sei in einer schlimmen Lage. Er habe 4000 Häftlinge und kein Essen. Diese Leute seien Verbrecher und stammen aus 14 Nationen. Er fragte mich um den Bauernführer. Ich nannte ihm diesen und es kamen schon am Nachmittag Kartoffel an. Die Häftlinge kochten diese in den von Bauern gebrachten Dämpfern. In der darauf folgenden Nacht hörten wir ständig Schießen.

 

Am nächsten Tag wurde Holz in den Steinbruch nach Renholding gebracht und die aus einem Waggon abgefahrenen Leichen verbrannt. An einem Teil dieser Toten sah ich Schussverletzungen am Kopf. Die im Waggon zu unterst liegenden Leichen. Das Verbrennen machten die Häftlinge, und ich sah, daß diese mit Stöcken und Gewehrkolben geschlagen wurden. Dabei benahm sich ein Unteroffizier, den ich jederzeit kennen würde, besonders roh. An der Verbrennungsstelle sah ich, daß ein Russe von einer angebrannten Leiche ein Stück in den Mund steckte.

 

Die Misshandlung der Gefangenen muss von den Hauptleuten gesehen worden sein, denn die Häftlinge wurden ständig und überall geschlagen. Ich sah wie ein Gefangener ein Kleidungsstück auf den Abfallhaufen warf, und dabei von dem Posten mit dem Gewehr geschlagen wurde, so dass ich glaubte der Mann müsste tot sein. Er kroch aber wieder in den Wagen. Unser Pfarrer rief das Volk zum Spenden auf und es wurden größere Mengen Lebensmittel angefahren, so dass alle zu esse bekamen, aber die Sterblichkeit blieb groß, denn die Leute hatten vorher 7 Tage kein Essen. Ein Erbarmen mit den Gefangenen zeigten weder die Offiziere noch die Aufseher, denn als ich den Häftlingen Brot geben wollte, sagte mir ein Unteroffizier, was diesen Banditen wollt ihr noch Brot geben, und wenn Sie einem etwas geben dann nehm ich Sie fest und Sie sitzen bei denen im Wagen.

 

Ich ging hierauf mit dem Brot an die Stelle wo die Häftlinge das Grab schaufelten, und wusste dass ich das Brot dort abgeben durfte. Als am Montag den 22. Das Grab geschlossen wurde, hörte ich von dort auffallend viel Schießen. Beim Öffnen des Grabes sah ich oben Leichen welche bluteten, so daß anzunehmen ist, daß vor dem Schließen noch mancher sein Leben gab. Die Posten waren zum Teil Ungarn und gerade diese behandelten die Gefangenen roh.

 

Das Volk hätte nie geglaubt, dass Menschen so roh sein können, denn es hätte sich auch vermeiden lassen. Die Offiziere kümmerten sich nicht um Essen und ließen jede Mißhandlung geschehen. Hätte das Volk nicht eingegriffen, wären alle verhungert. Als am 23. die Wagen von hier abgingen, wurde vorher noch ein großer Haufen Kartoffel in einen Wagen gebracht. Eine große Qual für die Gefangenen muß es gewesen sein, weil in den Wagon bis zu 80 Mann untergebracht waren, zum Teil waren die Waggon offen und die Menschen dem Regen und der Kälte ausgesetzt.

 

Wer den Aufsehern Brot für die Gefangenen gab sah, dass es nicht an diese kam, sondern von den Aufsehern verzehrt wurde.

Von den Leichen wurden etwa 270 verbrannt, und etwa 500 in einem Grab verschaufelt. Soweit ich die Nationalität der Gefangenen feststellen konnte waren Russen und Angehörige anderer alliierter Nationen dabei."

 

Diese Erklärung auf seite I,II und III ist von mir mit eigener Handschrift geschrieben, gemacht in Nammering ….. um 19 Uhr am 21. Mai 1945. Ich schwöre vor Gott dass alles die reine Wahrheit ist.

Bauer Alois  Bürgermeister von Nammering

​​​​Handschriftliche Aussage von Alois Bauer vom 21. Mai 1945

 

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Maria Simperl, Nachbarin vom Bahnhof - bei ihr zu Hause wurden Lebensmittel abgegeben

Zeitzeugin Maria Simperl - handschriftliche Aussage am 26. Mai 1945

Sie schrieb handschriftlich Folgendes:

Am 19. April 1945 abends 21 Uhr sah ich am Bahnhof Nammering eine größere Anzahl Waggons stehen. Bei Annäherung des  Bf. hörte ich Schüsse fallen, wusste jedoch nicht um was es sich drehte. Bei Ankunft in meiner elterlichen Wohnung war ein SS Hauptsturmführer mit seiner Frau anwesend welche sich bei mir vorstellten unter einem Namen der mir in Vergessenheit kam. Aufgeregt fragte ich sofort meine Mutter was für eine Schießerei am Bahnhof wäre, worauf mich die Frau des SS Hauptsturmführers unterbrach mit den Worten: „Das sind nur Schreckschüsse.“

 

In derselben Nacht konnte man dauernd Schüsse hören und auffallendes Gejammer von Menschen. Am 20ten April morgens 7 Uhr sah ich wie zwei Häftlinge bewacht von einem Posten bei uns vom Brunnen Wasser holten. Die beiden waren abgemagert bis aufs Äußerste und vermochten kaum das gefüllte Gefäß zum Waggon zu schaffen. An einem anderen Tag bei derselben Arbeit bemerkte ich, wie ein Häftling einige Schritte sich vom Brunnen entfernte und sich ein genießbares Gras abriss um es zu essen. Vom Posten wurde dieser arme Mann mit einem Holzknüppel mehrmals heftig über den Rücken geschlagen. Derartige Mißhandlungen konnte man öffters am Tage sehen.

 

Am 21ten April kam der Obersturmführer Merbach zu uns ins Lokal und erklärte mir an Hand eines Transportbegleitscheines, dass er von Buchenwald mit 4.652  Justizverbrechern gekommen wäre und weiter nach Lager Dachau müsse. Der Verpflegungszettel, soviel ich sehen konnte, lautete auf 2 Tage. Merbach erklärte vom Ortsbauernführer der Gemeinde Aicha vorm Wald 20 Zentner Kartoffel erhalten zu haben und möchte diese bei uns für die Gefangenen kochen. Am selben Tage noch wurden von den Häftlingen unter Aufsicht von zwei Posten die Kartoffeln gekocht. Die Verteilung der Kartoffeln an die Häftlinge konnte ich nicht sehen da mir der Zutritt zu den Wagons von einem SS Feldwebel verboten wurde.

 

Der Bevölkerung von Nammering wurde allmählich bekannt um was es sich hier in Nammering handle und veranlasst für die armen wehrlosen Menschen Nahrungsmittel wie Kartoffel, Brot, gekochte Suppe, Kraut, Steckrüben, Eier und Mehl am nächsten Tag zur Verteilung brachten. Ferner wurde auf Veranlassung des Pfarrers der Gemeinde Aicha, Johann Bergmann durch Bekanntgabe von der Kanzel an die Bevölkerung der Aufruf gegeben Nahrungsmittel aller Art nach dem Bahnhof Nammering zu bringen, denn es wären dort eine größere Anzahl von Menschen welche von einem Konzentrationslager stammen am Verhungern.

 

Von Bauern bis zur ärmsten Familie wurde gespendet, was ich persönlich sah, nachdem die Sammelstelle der Lebensmittel auf Anordnung des SS Obersturmführers Merbach in unserer Wohnung war. Das Zerkleinern der Brote machte ich und trug zwei Körbe voll zu den Wagons wo ich verteilte. Hier konnte ich sehen wie sich die Menschen vor Hunger untereinander sich selbst schlugen. Dieses wurde mir von einem SS Posten untersagt und verwies mich mit restlichen Lebensmitteln zu den Verpflegungswagen, mit den Wachen die Verteilung würde von ihnen selbst gemacht. Weiters konnte ich beobachten, dass SS Posten die ankommenden Bauern mit Fuhrwerken sowie andere Personen mit Lebensmitteln gleich zum Bahnhof führten und die mitgebrachten Lebensmittel dort beim Verpflegungswaggon abgeben konnten. Ob die Lebensmittel zur Verteilung kamen kann ich nicht sagen.

 

Eines Tages wurden zwei Waggons Tote an die Straße herangefahren um diese zur Entladung zu bringen. Sie wurden an einer nahe gelegenen Stelle verbrannt. Unter den Häftlingen habe ich polnische, französische, tschechische Nationalitäten festgestellt. Der Transportführer SS Obersturmführer Merbach war öfters in unserem Hause zum Kaffeetrinken und pausieren. Der Merbach kam aus Gotha-Thüringen und war dort früherer Bankangestellter, er ist verheiratet und hat drei Kinder.

 

Der Häftlingszug kam am 19ten April 1945 in Nammering an und wurde am 25 ten 1945 weitergeleitet. Die Häftlinge waren derart abgemagert, daß wenn der Pfarrer Johann Bergmann für Lebensmittel nicht gesorgt hätte, noch viele viele an Hunger gestorben wären. Ich habe einmal versucht einem Häftling Brot zu geben, es  wurde ihm jedoch von einem SS Posten abgenommen und bekam Schläge ins Gesicht. Der Häftling stieg dann wieder in seinen Waggon.

 

Eines Tages als ich mit dem Transportführer Merbach im Gespräch war, konnte man ganz deutlich Schüsse hören, er war darüber keineswegs aufgeregt, obwohl er sagte, dass er selbst noch keinen erschossen hat. Merbach hat sich keineswegs um die Schießerei und Schlägerei gekümmert, obwohl er nach meiner Ansicht nach, als Offizier und Transportführer dieses hätte verbieten können.

In einem Gespräch mit Merbach erklärte er mir, dass schon viele Häftlinge auf dem Transport gestorben waren.

 

Diese Erklärung auf Seite 1.2.3.4.5. ist von mir mit eigener Handschrift geschrieben, gemacht in Nammering Deutschland um 16 Uhr am 26, Mai 1945. Ich schwöre vor Gott dass alles die reine Wahrheit ist.

 

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Alois Schmidt, Nammeringer Bürger - musste die Leichen ausgraben helfen

''Nie werde ich es vergessen''

Der sechsundachtzigjährige Nammeringer Alois Schmidt erinnert sich

 

Alois Schmidt war direkter Augenzeuge und erzählt aus seiner Erinnerung an das Geschehen von Nammering. Nie werde ich vergessen

 

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"Die Amerikaner sind hier, wie sicher anderswo auch, als Befreier erwartet und begrüßt worden. In den ersten Wochen haben sich die Besatzer absolut korrekt verhalten. Dieses hat sich schlagartig geändert, als sie von den Vorgängen auf dem Bahnhofsgelände und schließlich von dem Massengrab erfuhren. Wenn ich es mir überlege, müsste es doch irgend jemand gegeben haben, der mehr als alle anderen wusste. Darüber, dass die Häftlinge - nicht Sträflinge - in dieser Wiese verscharrt worden sind. Jemand, der dieses den Amerikanern gesagt, und ihnen auch Ort und Stelle gezeigt hat. Die Bevölkerung hatte darüber, was sich auf dem Bahnhofsgelände wirklich abgespielt hatte, so gut wie keine Ahnung. Aber irgendwie kam das Gefühl auf, dass sich dort etwas tut, was in allen Furcht und Angst erregte.

 

Als dann des Öfteren von dort Schussgeräusche zu hören waren, ist die Angst erst richtig angestiegen. Einfach hingehen und nachsehen, was sich dort eigentlich tut und ereignet, dazu hatte niemand den Mut. Solches zu versuchen, wäre nicht nur gefährlich, sondern auch zwecklos gewesen, weil die "Schergen" keine Zuschauer duldeten. Erst dem furchtlosen Pfarrer Bergmann gelang es, sich das ganze Elend ansehen zu können, zu dürfen, dieses ist ja bekannt. So gesehen, darf manches, was der eine oder andere sagt und gesehen haben will, schon mit etwas Skepsis betrachtet werden.

 

Donnerstag. Es geschah nichts Besonderes. Im Ort war schon Leichengeruch spür- und riechbar. Freitag. Der Leichengeruch verstärkt sich. Nach der "Ausgrabung", so versprach man uns, hätten wir mit den Toten nichts mehr zu tun. Es kam aber anders: Per Anordnung und Durchsage hatten wir uns am Samstag auf der bereits genannten Wiese zum Einsargen einzufinden. Auch wenn es mir nicht leicht fällt, dazu aber doch einiges. In aller Herrgottsfrühe machten wir uns auf in Richtung Wiese. Die Särge für die Opfer waren eigentlich nur gewöhnliche Holzkisten, je nach Größe der Bretter, mitunter nur 25 bis 30 Zentimeter tief.

 

Nun wieder etwas, worüber ich am liebsten nichts sagen würde. Da die Zahl der Leichen inzwischen bekannt war, haben die "Amis" ebenso viele sargähnliche Kisten von Schreinern in allerkürzester Zeit anfertigen lassen. Diese Kisten haben die Amerikaner noch am Freitagabend zur hintersten Ecke des Bahngeländes angefahren und dort abgeladen. Samstag früh. Jeder von uns musste so eine Kiste nehmen und hinunter zur Wiese tragen, dabei gingen wir ebenso oft hin und her, bis alle Kisten drunten waren. Wenn man sich vorstellt, dass da eine Anzahl von Männern geht, einer hinter dem anderen, mit einem sargähnlichen Ding auf dem Buckel. So ein Anblick. Hätte er nicht festgehalten werden müssen; oder ist er es?

 

Die Särge waren nun auf dem trockenen Teil der Wiese. Dann ging es ans Einsargen, wobei drei Mann zusammenarbeiten mussten. Die Kiste wurde umgekippt und der tote Körper einfach hineingekollert. Aber nur bei einigen Leichen durften wir so vorgehen. Die Amerikaner, die dies alles überwacht hatten, machten uns klar, dass jeder Körper ordnungsgemäß in den Sarg zu legen sei. Bei der von uns angewandten Methode kam es schon vor, dass eine aufgedunsene Leiche, die ja schon seit Montag in der prallen Sonne lag, auf dem Bauch in der Kiste zu liegen kam.

 

Nun möchte ich aber nochmals, und ich bitte hierfür um Verständnis, zum Ort des Geschehens zurückblenden. Von der Hauptstraße her gesehen, steigt das Gelände nach links an. Von dieser Anhöhe aus konnten die Vorgänge auf dem Bahnhofsgelände, zwischen Bäume und Sträucher hindurch, etwas eingesehen werden. Aus dieser Deckung heraus haben Leute aus Nammering das Geschehen beobachten können. Aus der anfänglichen Neugierde ist schon bald Entsetzen, Mitleid und Erbarmen geworden. Aus diesem Mitleid heraus haben Frauen, die dieses gesehen hatten, gelegentlich einen Laib Brot oder andere Lebensmittel die Anhöhe hinunter geworfen. Nachdem die SS-Wachmannschaften dieses bemerkten, haben sie Warnschüsse abgegeben. Halten wir ihnen zugute, dass es wirklich Warnschüsse waren.

 

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Meine Frau ist auch eine von denen gewesen, die dort auf ihre Weise den armen Menschen helfen wollten. Als ich von auswärts nachhause kam, hat mir meine Frau vor Schrecken und Grauen kaum sagen können, was sie am Bahnhof gesehen hatte: Ein Mann, so eine geschundene Kreatur, kletterte aus dem Waggon heraus, um seine Notdurft zu verrichten. Einer von den Wächtern hatte dies gesehen und schlug mit dem Holzknüppel dem Häftling auf den Kopf, so sehr, dass meine Frau den Schlag und das Stöhnen mit eigenen Ohren hören konnte. Meine Frau, die das alles mit ansehen musste, ist lange von dem Trauma nicht mehr losgekommen.

 

Einige Zeit, einige Tage später, stellte man mit Aufatmung und Erleichterung fest, dass der Häftlingszug nicht mehr da ist, Gott sei Dank. Keiner aber ahnte, dass nur wenige hundert Meter weiter alle diese Opfer eine hohe Bahnböschung hinuntergeworfen und in einer moorigen Wiese verscharrt worden sind. In einer Nacht- und Nebelaktion muss das geschehen sein. Und jetzt hinunter auf das Grundstück, das später im Volksmund zur "Totenwiese" wurde. Ein Montag ist es gewesen. Die Witterung war extrem heiß für die Jahreszeit und die Amerikaner längst nicht mehr so human wie anfangs, beinahe gehässig.

 

Unter diesen Bedingungen haben wir, die wenigen Männer, die seinerzeit in Nammering waren, am Morgen begonnen, die in genannter Wiese verscharrten Leichen auszugraben. Mit Schaufel und Spaten aus dem nahen Lager der uniformierten Arbeitsarmee der Organisation Todt (OT) gingen wir an die Arbeit. Jedoch nur wenige Opfer durften wir mit diesen Werkzeugen aus dem Morast herausholen. Damit wir mit den Geräten die Leichen nicht beschädigen, haben uns die amerikanischen Soldaten die Schaufeln und Spaten weggenommen. Mit bloßen Händen mussten wir eben dann im Schlamm herumwühlen, bis wir wieder auf einen Körper, auf eine Leiche stießen. Es ist ja bekannt, wie viele es waren, nicht von uns gezählt.

 

In drei Reihen haben wir diese Leichen dann in dem mehr oder weniger sumpfigen Gelände hingelegt. Übrigens habe ich mich schon oft gefragt, ob wir wirklich alle Leichen gefunden haben. Dienstag. An diesem Tag mussten Gräber gegraben werden; hier in Nammering gegenüber der Kirche, wo heute einige Obstbäume stehen. Mittwoch. Die ganze Bevölkerung aus Nammering und Umgebung musste zur "Totenwiese" und dort in einer Art Prozession durch die Reihen der Toten gehen. Auch dazu wäre noch einiges zu sagen, weil ich aber im Moment mit meinem Inneren, meinen Nerven zu kämpfen habe, erspare ich es mir. Fasste man die aufgetriebenen Körper bei den Armen an, war das so eine glitschige Masse, die sich abstreifte.

 

War einem der Korpus entglitten, musste man schon mehrmals und kräftig zufassen. Die Särge mit den Opfern wurden auf den etwas höher gelegenen, trockenen Teil der Wiese gebracht, weil nur dorthin Gespanne der Bauern fahren konnten, um aufzuladen und die Särge in die verschiedenen Ortschaften zu fahren. Als die Kistendeckel auf den Särgen befestigt werden sollten, ergaben sich neue Schwierigkeiten, weil stärkere Körper mit aufgedunsenen Bäuchen in zu flachen Kisten lagen. Na ja, dadurch hat sich die grausige Arbeit wieder verlängert und erschwert.

 

Bauern kamen mit ihren Ochsengespannen, denn die Pferde waren seinerzeit auch meist "beim Militär". Die Wagen der Bauern hatten damals noch Holzräder und die Wege, auf denen die Särge weggefahren werden mussten, waren ausgefahren und voller Schlaglöcher. Diese Umstände führten bei einigen Särgen dazu, dass sich Nägel am Sargdeckel lösten, so dass der Blick in das Innere freigegeben und ein Bauch sichtbar wurde. Dass auch einige Särge nach Eging gebracht wurden, war damals keinesfalls so einfach, wie man sich das vielleicht vorstellt. Die Straßenverbindung Nammering - Eging gab es noch nicht. So blieb der weite Weg über Renholding-Aicha-Fickenhof-Ecking und Loipfering. Auf allen Wegen, auf denen Leichentransporte erfolgten, waren Spuren von Leichenwasser, oder wie man es sonst nennen will, zu sehen und zu riechen. Es ist so schwer darüber zu reden.

 

Aber nie werde ich es vergessen"

Alois Schmidt

 

Josef Saller, aus Eging stammend, erzählt vom Lehrer Vogt´s Vorschlag

Als der Zug aus Buchenwald in Eging war, spielten wir 5 Buben Bärentreiben nahe dem Bahnhof. Dort waren ungarische SS-ler. Die haben sogar mit dem Maschinengewehr in den Waggon geschossen. Die Leute wollten Essen bringen, durften aber nicht. Die SS wollte alle Gefangenen in Eging erschießen, wahrscheinlich hinterm Kieswerk im Wald. Aber Lehrer Vogt konnte erreichen, dass sie bis Nammering weiterfuhren, weil dort mehrere Abstellgleise vorhanden wären.

Nachmittags waren die Verhandlungen zwischen Vogt und den Wachmannschaften. Wir spielten und immer, wenn Schüsse fielen, schauten wir. Es konnten mehrere Gefangene aus dem Zug fliehen, ich glaube es waren drei, die dann von HJ-Jungen gefangengenommen und erschossen wurden.

Der Zug hielt auch zunächst in Eging, weil dort die Dampfloks Wasser tanken konnten. Bei der Gelegenheit konnten auch Häftlinge Wasser bekommen. Der Zugführer hatte sogar die Absicht, zu bleiben und die toten in einer Kiesgrube zu vergraben.

 

Aber der Lehrer Vogt konnte ihn überzeugen, dass es in Nammering besser war die 54 Waggons abzustellen und auf die Weiterfahrt zu warten. Denn dort gab es mehrere Abstellgleise.

 

Dr. med. Ernst Dame war am Bahnhof Zeuge, weil er einem von der SS helfen sollte

Dr. med. Ernst Dame über 25 Jahre Arzt in Fürstenstein

Folgende Aussagen gebe ich freiwillig ab. Ich habe sie beeidigt und bin mir der Bedeutung des Eides daher voll bewußt.Dame kopf

Ich heiße Ernst Dame, bin Dr. med. und fast über 25 Jahre als Arzt approbiert. Hier in Fürstenstein übe ich meine ärztliche Praxis seit 1931 aus.

Während der Transportzug mit den Häftlingen aus dem Konzentrationslager Buchenwald am Bahnhof Nammering stand, hatte ich einmal Nachmittag in Nammering zu tun. Bevor ich zum Bahnhof kam, sah ich, wie sich ein SS-Mann in der rohesten Weise bemühte, einen während der Nacht entflohenen Häftling zum Transportzug zurückzutreiben. Der Gefangene war offenbar vollkommen kraftlos. Er lag auf dem Boden und war auch mit Fußtritten und Kolbenschlägen nicht zum Aufstehen zu bekommen.

Es wurden dann 4 andere Häftlinge vom Bahnhof geholt, die den Entflohenen an Beinen und Armen zum Zug zurücktragen mußten, obwohl sie selbst vor Entkräftung kaum gehen zu können schienen.

Sie brachten den Häftling zunächst zum Transportzug wurden aber dann zu dem Güterwagen mit den Leichen beordert, wo der Gefangene erschossen wurde. Mit dem Wagen voller Leichen war der Zug in Nammering schon angekommen.

Die Gefangenen, die ich gesehen habe, machten durchwegs einen ganz unterernährten, herunterge- kommenen Eindruck. Die Behandlung durch die Posten war durchwegs roh. Es handelte sich offenbar um Leute mehrerer Nationalitäten (Russen, Polen und ..) Ich selbst habe nur mit einem jungen Arzt aus Wien gesprochen, der mich als Häftling mit einem erkrankten Posten in der Sprechstunde aufsuchte.

Diese Erklärung auf Seite 1 und 2 ist von mir mit eigener Handschrift geschrieben, gemacht in Fürstenstein, Deutschland um 15 h am 26.5.1945 Ich schwöre vor Gott, dass alles die reine Wahrheit ist.

 

Dame Ernst 

   

 

Josef Dichtl, Bauer Nammering - musste mit Ochsen Leichen zum Verbrennen fahren

 

Josef Dichtl, Landwirt in Nammering

Er musste mit einem Fuhrwerk die Toten transportieren - Aussage am 22. Mai 1945

Ich, Dichtel Josef, Landwirt wohnhaft in Nammering gemeinde Fürstenstein Kreis Passau, 62 Jahre alt, sage Folgendes aus:

 "Am zweiten Tag nachdem der Zug mit den Gefangenen hier in Nammering stand, kam der Bürgermeister der Gemeinde Fürstenstein (Herr Bornhofen) zu dem Bauern, für den ich arbeite, und forderte ihn auf, sein Fuhrwerk für den Abtransport von Toten zu einer Verbrennungsstelle zur Verfügung zu stellen. Der Bauer schickte mich dann am gleichen Tag mittags mit dem Fuhrwerk zum Bahnhof, wo der Zug hielt.

Als ich dort ankam, war war bereits ein Fuhrwerk mit Toten beladen, welches ich zu dem Verbrennungsort fahren mußte. In der Zwischenzeit ist mein Fuhrwerk beladen worden. Kurz vor der Verbrennungsstelle mußte ich den Wagen anhalten. Ich selbst ging zur Seite und habe gewartet, bis der Wagen wieder entladen war. Die Leichen wurden von den Gefangenen selbst unter Aufsicht der SS-Posten und eines SS-Feldwebels aus dem Wagen genommen. Auf der Verbrennungsstelle im Steinbruch brannte auf der Erde ein Feuer im Ausmaß von etwa 2,- m Länge und Breite.Schienen mit Frau

Darüber waren schmale Eisenbahnschienen gelegt auf denen bei meinem Eintreffen bereits ca 15 Tote lagen. Ein Teil von ihnen war nackt, ein Teil bekleidet.

Als mein Wagen geleert war, fuhr ich wieder zurück und holte einen anderen bereits vollbeladenen Wagen. Als ich den dritten Wagen zu dem Verbrennungsort hinbrachte, mußte ich ein kleines Stück weiter fahren, da 30 m von der bereits vorhandenen Verbrennungsstelle eine zweite errichtet worden war. Der Feldwebel sagte zu mir, daß das zweite Feuer nötig wäre, weil die Verbrennung sonst zuz lange Zeit in Anspruch nehmen würde.

Ich fuhr im Ganzen 5 vollbeladene Wagen hin. Auf jeden Wagen waren immer ungefähr 30 – 35 Tote geladen.

Bei einigen Toten konnte ich sehen, dass sie Einschüsse in der Stirn oder in der Schläfe hatten. Ein toter hatte die Schädeldecke eingeschlagen. Ein Teil der Toten war so mager, dass ich annehmen kann, dass sie den Hungertod gestorben sind. Auf meine Frage, was das für Leute wären gab mir der Feldwebel zur Antwort, daß darunter Deutsche, Franzosen, Holländer, Belgier, Juden, Wiener, Russen und Polen wären. Er sagte danach, daß die Gefangenen 14 verschiedenen Nationen angehörten.

Soviel ich gesehen habe, wurden die Toten aus einem geschlossenen Wagen, der in der Nähe des Bahnhofs vorgeschoben worden war, und in dem nur Tote lagen, entladen. Die ersten 4 Wagen wurden mit toten aus einem Waggon beladen, die Toten für den 5. Wagen wurden aus einem anderen Waggon geholt, weil der andere bereits leer war. Bei meiner Anwesenheit an der Verbrennungsstelle habe ich selbst gesehen, daß ein Gefangener, der nur mit einer Hose bekleidet war, von einem Uffz. derWachmannschaften mit einer ca. 1,5 m langen Gerte auf dem Rücken geschlagen worden war, weil er die ihm aufgetragenen Arbeit (Zerkleinern von Holz) nicht schnell genug machte. Er mußte dann sofort die Toten abladen.

Einer der Wachmannschaften, der nicht der SS angehörte sondern Infanterist war, sagte zu mir, daß er in diesem Krieg schon viel mitgemacht hat, aber solch etwas Grauenhaftes noch nicht gesehen hat. Er wäre viel lieber an der Front als bei diesen armen Gefangenen.

Der SS-Feldwebel sagte zu mir, daß die Gefangenen alle gefährlich und Schwerverbrecher wären und wenn die Zivilbevölkerung einen Ausgebrochenen dieser Gefangenen einfängt, müßten sie ihn umbringen oder der nächsten Gendarmeriestation abliefern.

Den genauen Tag der Ankunft des Zuges kann ich nicht sagen, auch nicht das Datum der Abfahrt. Es war Ende April 1945. Zwischen dem vierten und dem fünften Wagen mit Toten, habe ich einen Wagen mit Holz vom Bahnhof zu der Verbrennungsstelle gefahren. Das Auf- und Abladen des Holzees wurde ebenfalls von den Gefangenen vorgenommen.

Der Transportführer war ein großer und starker Offizier.

An dem Verbrennungsort waren ungefähr 25 Gefangene unter Aufsicht von etwa 8 – 10 Wachmannschaften beschäftigt. Wieviel Wachmannschaften im Ganzen da waren, kann ich nicht sagen. Der Transportführer hatte blondes Haar, blaue Augen, ein gutes Gebiss, keinen Bart. Er sah gut und gepflegt aus.

Ich schwöre nach bestem Wissen die Wahrheit gesagt zu haben so wahr mir Gott helfe."

 

Nammering, den 22. Mai 1945          Josef Dichtl

 

Frieda Schröder, Tochter eines Bauern von Nammering - musste Holzscheite fahren

Frieda Schröder, Tochter des Bauern Alois Schröder

Sie musste Holz zum Steinbruch fahren für die Verbrennung von toten Häftlingen

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Schröder Frieda  Erklärung 22. Mai 1945        E r k l ä r u n g

"Ich, Frieda Schröder, geb. am12.10.1924, wohnhaft in Nammering, Kreis Passau, Ndb., Tochter des Bauern Alois Schröder in Nammering erkläre wie folgt:

Am Freitag den 20. April 1945  kam ein SS Mann der Bewachungsmannschaften in unsere Wohnung, verlangte ein Fuhrwerk zum Transport von Holzscheiten in einen in der Nähe des Bahnhofs Nammering gelegenen Steinbruch, dieses Holz sollte zur Verbrennung von Toten an vorgenannten Platze dienen.

Mein Vater verweigerte zunächst die Gestellung eines Fuhrwerks, weil er sich den Anblick der verstorbenen Häftlinge ersparen wollte. Der SS Mann verlangte aber dringend und sofort das notwendige Fuhrwerk. Ich erbot mich dann an Stelle meines Vater die Abfuhr von Holz zu übernehmen, da dieser 59 Jahre alt und herzkrank ist.

Ich habe dann einen Wagen mit Holz an die bestimmte Stelle in den Steinbruch gefahren und sollte anschließend mit der Abfuhr von Toten, die in einem Waggon im Bahngleis an die Hauptstraße vorgeschoben waren, beginnen.

Dieses habe ich verweigert. Es wurde dann aus den SS Bewachungsmannschaften ein Mann bestimmt, der an meiner Stelle mit unserem Fuhrwerk mit der Abfuhr der Toten begann. Diese Arbeit nahm etwa um 10 Uh Vorm. Ihren Anfang. Unser Wagen mit den Zugtieren wurde uns gegen 14 Uhr wieder zurückerstattet. Wie oft der Wagen in den Steinbruch gefahren war und wieviel Leichen transportiert wurden entzieht sich meiner Kenntnis.

Ich bin zweimal über einen Waldweg, der etwa 80 m von dem Standplatz der Waggons in dem sich die Häftlinge befanden vorübergegangen und habe dabei wahrgenommen, dass sich die Häftlinge eng zusammengedrängt und in großer Anzahl in den einzelnen Wagen befanden. Ich habe hierbei auch jämmerliche Schreie und Stöhnen gehört. Misshandlungen habe ich mit eigenen Augen nicht wahrgenommen, wohl aber wurde in der Bevölkerung mit Entrüstung derüber gesprochen, dass solche vorgekommen sein sollen. Ein näheres Herantreten an die Waggons wurde von den SS Bewachungsmannschaften verhindert. In der Nacht und auch am Tage hörte man sehr oft Gewehrschüsse und man sprach davon, dass hierbei Häftlinge erschossen wurden.

Sonstige wichtige Wahrnehmungen kann ich nicht machen. Ich schwöre nach bestem Wissen die Wahrheit gesagt zu haben so wahr mir Gott helfe!"

Nammering den 22. Mai 1945                                                Unterschrift   (Frieda Schrö

er)