Wladimir Uwarow aus Moskau hat den Todeszug überlebt, will 1995 den Leidensweg nochmal gehen

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Wladimir Uwarow: ''Ich dachte, ich wäre schon tot''

von Hans Hübl (Fotos: Saller)

 

Der 75jährige Wladimir Uwarow aus Moskau hat 1945 den Transport von Buchenwald nach Dachau überlebt. Auf dem Bahngelände in Nammering verbrachte er die grauenvollsten Tage seines Lebens.

 

Nach 50 Jahren ist der Moskauer Bildjournalist jetzt wieder an die Orte seiner „Fahrt durch die Hölle“ zurückgekehrt.  21 Tage verbrachte der 75jährige damals in einem dunklen, verschlossenen Eisenbahnwaggon; eingepfercht ohne Nahrung zwischen toten und kranken Leidensgefährten . Als der Zug in Dachau ankam, waren von den insgesamt 5.009 KZ-Häftlingen nur noch 816 am Leben, also zusammengerechnet waren 4.264 Menschen ermordet oder an den Entbehrungen gestorben. (Die Zahlen sind entnommen von Bertrand, Todeszug nach Dachau, 1999 Dachauer Hefte 15 - siehe hier)

 

Die grauenvollsten Tage seines Lebens verbrachte Wladimir Uwarow im April 1945 auf dem Bahngelände in Nammering. Der ehemalige KZ-Häftling erinnert sich: „Als die SS-Wachen die Waggontüre öffneten, fielen Tote und Erschöpfte kraftlos auf den Bahnkörper. Vor Angst, Hunger und Durst waren wir fast ohnmächtig. Wenn es regnete steckten wir die Hand durch die Luke gierig nach jedem Tropfen. Manchmal dachte ich, ich wäre schon tot.“

 

Wladimir erzählte uns durch eine Dolmetscherin seine Lebensgeschichte

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Als 21 jähriger Soldat wurde der junge Russe 1941 vom deutschen Angriff auf die Sowjetunion überrollt, geriet in Gefangenschaft und kam als Zwangsarbeiter in die Nähe von Frankfurt am Main. Dort musste er in einem Eisenbahn-Werk arbeiten und verübte immer Sabotagen, um die Rüstungsindustrie zu schädigen. Er wurde verhaftet, konnte aus dem Gefängnis fliehen. Bei Fulda wurde er wieder nach mehreren Fluchtversuchen gefangen und die Gestapo brachte ihn 1943 in das KZ Buchenwald. Trotz seiner traumatischen Erlebnisse fühlt Wladimir Uwarow heute keinen Hass. “Es ist eine tiefe Demütigung“, sagt er, „die ich so schwer verwinden kann. Sie hat mich wie ein Schatten durch mein Leben begleitet.“

 

Die Stadt Passau als „Hafen zur Freiheit“ hat der Moskauer in guter Erinnerung. Nach seiner Befreiung am 29. April durch die Amerikaner in Dachau betrat er in Passau das Schiff, das ihn zu den sowjetischen Einheiten nach Linz bringen sollte.

 

Am kommenden Sonntag, 23. April, will der ehemalige KZ-Häftling bei einer Gedenkfeier in Nammering das Wort ergreifen. Uwarow: „Heute bin ich mit schwerem Herzen froh, hier zu sein. Sogar Freunde habe ich gefunden. Spasibo, Dankeschön.“

Mehrmals war Wladimir auch zu Besuch bei uns

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Bei Gedenkfeiern in Dachau und Buchenwald trafen wir uns wieder

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1996 besuchten wir Wladimir in Moskau - wir legten am Holocaust Memorial Blumen nieder

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