Wortlaut der Verkündigung aus der Pfarrchronik Aicha v. Wald

Pfarrer Bergmann ruft beim Gottesdienst zur Lebensmittelspende auf. Er hat seine Verkündigungen bei den Gottesdiensten fast wörtlich aufgeschrieben.
 

(Nammering gehörte damals zur Pfarrei Aicha vorm Wald)

Aus dem "Wochen-Verkündbuch der Gottesdienstlichen Verrichtungen in der Pfarrkirche Aicha v. W. begonnen am 17. August 1941“ bis 12.5.1946

 

22.04.1945

Heute ist der III. Sonntag nach Ostern, Schluß der österl. Beichtzeit

 

Heute ist Sammlung für die wandernde Kirche, für alle Seelsorgsfragen, die sich aus der  gegenwärtigen Zeitlage, für die aus ihrer Heimat irgendwie Abgewanderten u. ihre seelsorgliche Betreuung und Erfassung ergeben; die Sammlung wird im bischöfl. Auftrag warm empfohlen. Heute nach dem Pfarrgottesdienste ist Christenlehre für alle Pflichtigen. Heute nachm. ½ 3 ist Betstunde in den schweren Anliegen u. Zeit. 23.4 Montag 7 Uhr  Hl. Amt der Maria Sattler ....(es folgen fast drei Seiten Verkündigungen der Woche bis 29.4.45) .. nachm. ½ 3  Uhr Betstunde (Statt der Bittgänge) um eine gute Ernte u. um Frieden. In dieser Woche werden die Beichtzettel eingesammelt; bereithalten!

 

Dann möchte das Pfarramt folgendes bekanntgeben:

 

Die allgemein bekanntgewordenen Vorkommnisse in Nammering haben unter der Bevölkerung vielfach Unruhe verursacht. Ein Zug von Häftlingen, der von einem Lager in ein anderes überführt werden sollte, und der ursprünglich für die normaler Weise  vorgesehene Dauer der Überführung mit genügend Lebensmitteln versehen war, ist durch die Zerstörung von Bahnen und Bahnhöfen ungewöhnlich lange aufgehalten u. auf Strecken gedrängt worden, die abseits des Bestimmungszieles lagen. Eine Verständigung des Zugkommandos mit den zuständigen Oberbehörden ist wegen Beschädigung von Telegraph und Telefon nicht in der notwendig schnellen Weise möglich, so daß eine Nachlieferung von Lebensmitteln nicht zur rechten Zeit eintreffen konnte.

 

Es sind Schritte unternommen worden, um den unliebsamen Zuständen abzuhelfen. Der Transport soll weitergeleitet werden, wenn nicht Unvorhergesehenes dazwischenkommt, heute abend schon. Bei Erreichung der Hauptstrecke soll auch wieder für Verpflegung gesorgt werden. Aber der Tag oder die paar Tage bis dahin sollen überbrückt werden.

 

Nach Rücksprache mit den zuständigen Stellen wende ich mich deshalb im Namen Christi an die Pfarrgemeinde: In jedem Haushalt ist trotz aller Knappheit eine Kleinigkeit zu erübrigen: einige Pfund Kartoffel, ein größeres Stück Brot, es muß ja kein ganzer Laib sein, ein paar Pfund Mehl u.s.w.

 

(Einfügung): Aber es sollen alle - mit Ausnahme der Flüchtlinge, die selber kaum das Notwendigste haben, mittun, denn bis über 2000 Menschen nur etwas haben, geht viel auf.

 

Die Sachen sollen bis heute Mittag dem Lagerkommando in Nammering, das bei Koller Wirt untergebracht ist, zur Verfügung gestellt werden. Wenn es auch Sträflinge sind, um die es sich handelt, und vielfach Ausländer, so sind wir doch nicht ihre Richter. Wenn sich die Leute in den Ortschaften und Dörfern zusammentun, bräuchten schließlich nicht alle einzeln nach Nammering gehen.

 

Aber ich bitte euch herzlichst: Macht euch die Mühe, bis heute mittag, nach Nammering, beim Transportführer bei Koller Wirt abgeben. (Seite endet hier)

Heute ist der 4. S.n.O.

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